In einer nicht-repräsentativen Umfrage über meinen Twitter-Account ergab sich zur Aufhebung der Restriktionen für Geimpfte folgendes Meinungsbild, das eventuell Anhaltspunkte für Aufklärungs- und Informationsangebote ergeben kann.
Zur eingangs gestellten Frage:
Die Mehrzahl der Antworten sprachen sich also für eine Aufhebung der Restriktionen aus (60,5%). Wichtiger für den weiteren Umgang mit der Problematik ist jedoch das gute Drittel der Antworten, die eine Aufhebung ablehnen (39,5%).
Hier die Zusammenstellung der aus meiner Sicht wichtigsten Gründe und Sorgen derjenigen, die nicht an eine Aufhebung der Restriktionen glauben, wenn die +16-jährigen alle ein Impfangebot hatten und nach der letzten Impfung geschützt sind.
Die Gründe in der (ungefähren) Reihenfolge der Häufigkeit der Nennung lassen sich wie folgt systematisieren:
- Auch die unter 16-jährigen müssen geimpft werden:
- Wegen Sorgen um LongCovid und anderen schlimmen Spätschäden bei Kindern
- Weil Kinder in dieser Altersgruppe besonders von der Erkrankung betroffen sind
- Weil auch Kinder ein Recht haben, durch die Gesellschaft geschützt zu werden
- Weil sonst keine Herdenimmunität erreicht werden kann
- Weil durch ungeimpfte Kinder vermehrt escape-Mutanten in dieser Altersgruppe entstehen würden
- Restriktionen können nicht aufgehoben werden bis:
- Herdenimmunität erreicht ist,
- damit die Infektketten abreißen
- damit keine Mutationen mehr entstehen
- Es keine Mutationen mehr gibt
- Eine niedrige Inzidenz erreicht ist
- Die Impfungen auch gegen Mutationen schützen
- Alle geimpft sind, denn desto mehr infizierte, desto grösser das Risiko für Mutationen
- Herdenimmunität erreicht ist,
- Restriktionen können nicht aufgehoben werden,
- Weil man sonst nicht gezielt die Verbreitung der escape-Mutanten verhindern kann
- Da Virus wieder aus dem Ausland eingeschleppt werden wird
- Solange noch Menschen an Covid-19 erkranken
- Braucht es Abstandsregeln, MNS, Quarantäne Fallnachverfolgung und Testen vor dem Einkaufen
Schlussfolgerung: trotz gesicherten Wissens zu den allermeisten Fragen gehen die Meinungen weit auseinander: wie die Pandemie endet, ob und wie das Virus danach weiterzirkuliert, ob und welche Rolle Varianten-Viren und die Herdenimmunität dabei spielen, wie groß der Anteil der Kinder am Infektions- und Krankheitsgeschehen ist, ob ein Impfstoff für Kinder ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis hätte.
Hier haben die @bzga.de, die Medien und die Bundesregierung noch eine große Aufklärungsaufgabe vor sich. Eine Diskussion, die sich an die Problematik der health literacy aus den Jahren vor der Corona-Krise erinnert und hiermit die Eigenkompetenz zur Beurteilung gesundheitlicher Probleme addressiert, erscheint sinnvoll und sollte sich dringend wieder auf die dort diskutierten Grundsätze beziehen.
Kontakt: Prof. Dr. med. Klaus Stöhr, email und twitter