Aktualisiert: sog. „3. Welle“ Ergebnis erhöhter Testaktivität

Am 23.3.2021 hat das RKI die neuesten Zahlen zu den Alterskohorten und zur Kohorten-bezogenen Rate positiver PCR-Befunde, der Kohorten-bezogenen Testhäufigkeit (Testrate) und der Rate der positiven Teste pro Kohorte (Positivitätsrate) veröffentlicht. Unsere Analyse aus der RKI-Veröffentlichung vom 16.3.21 wird dadurch bekräftigt. Die aktuelle Analyse kann hier als pdf heruntergeladen werden.

Zusammenfassender Befund: Die vom RKI veröffentlichten Daten lassen es als wahrscheinlich erscheinen, dass die sog. „3. Welle“ in erster Linie durch eine Zunahme der Testhäufigkeit bei unter 20jährigen zu erklären ist (s. besonders Fig. 5). Die gleichbleibende Testpositivitätsrate ist als Argument dafür zu werten, dass keine erhebliche Zunahme der Infektionsdynamik vorliegt, sondern dass die Zunahme der Melderate (sog. „Inzidenzrate“) auf die gesteigerte Aktivität von Testungen zurückgeht.

Hintergrund: Die in Deutschland zur Steuerung verwendete „Inzidenzrate“ bezieht sich auf die Rate der gemeldeten Infektionen und berücksichtigt dabei nicht die Dunkelziffer. Das Hauptproblem der Verwendung dieser Melderate (notification rate) besteht darin, dass sie nicht von einer Erhöhung der Testhäufigkeit abgegrenzt werden kann.

Die Befunde im Einzelnen:

  1. Leichte Zunahme der Melderate: Die Zahlen der RKI-Berichte vom 23.3.2021 zeigen eine leichte Zunahme der Melderate, insbesondere in den jüngeren Altersgruppen (s. Fig. 1, Abb. 9 des RKI-Berichtes, Quelle s.u.).Auch eigene Berechnungen der Alterskohorten-bezogenen Melderate zeigen, dass der Anstieg der Melderate in den Kohorten über 50 Jahre nur gering ausfällt oder ausbleibt (Fig. 2), während er in den jüngeren Kohorten deutlich imponiert (s. Fig. 3).
  2. Deutliche Zunahme der Testfrequenz: In Fig. 4 stellt das RKI die Testfrequenz, also die Häufigkeit durchgeführter PCR-Teste, in absoluten Zahlen dar. Man erkennt eine Zunahme der Teste in den jungen Alterskohorten, eine Zunahme, die bei Verwendung relativer Angaben (Teste auf 100.000 Personen der betreffenden Alterskohorte) noch sehr viel deutlicher ins Auge fällt (Fig. 5).
  3. Keine Zunahme der Testpositivitätsrate: Zur Abklärung dieses Befundes muss man entsprechend der Relationen im notification index (s. Thesenpapier 6.1, Kap. 2.5) die Testpositivitätsrate hinzuziehen: Wenn eine reale Zunahme der Inzidenz (im eig. Sinn des Wortes) vermutet wird, sollte die Testpositivitätsrate ebenfalls ansteigen; tut sie dies nicht, ist eher die Zunahme der Testfrequenz als Ursache der Zunahme der Melderate zu vermuten (so wie in Fig. 6 bei den jüngeren Altersgruppen orange/hellgrün).

Methodische Einordnung: Zur Abklärung dieses Befundes muss man entsprechend dem in Thesenpapier 6 veröffentlichten notification index (dort Kap. 2.5) eine Erhöhung der Testpositivitätsrate hinzuziehen: NI = M x Tp  /  Tn x H (NI Notification Index, M Melderate (sog. „Inzidenzrate“), Tp Testpositivitätsrate, Tn Teste auf 100.000 Einwohner, H Heterogenitätsfaktor (hier nicht weiter einbezogen))

Literatur: (1) Schrappe, M., François-Kettner, H., Gruhl, M., Hart, D., Knieps, F., Manow, P., Pfaff, H., Püschel, K., Glaeske, G.: Thesenpapier 6, Teil 6.1: Epidemiologie. Die Pandemie durch SARS-CoV-2/CoViD-19, Zur Notwendigkeit eines Strategiewechsels. Köln, Berlin, Bremen; Hamburg, 22.11.2020, http://doi.org/10.24945/MVF.06.20.1866-0533.2267. (2) RKI-Bericht 23.3.2021, insbes. Laborbasierte Surveillance SARS-CoV-2, https://ars.rki.de/Content/COVID19/Main.aspx